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А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

Manchmal warf er den Arm in die Luft, als karikiere er jemanden. Der Junge, der K. fьhrte, hatte Mьhe, seine Meldung vorzubringen. Zweimal hatte er schon, auf den FuЯspitzen stehend, etwas auszurichten versucht, ohne von dem Mann oben beachtet worden zu sein. Erst als einer der Leute oben auf dem Podium auf den Jungen aufmerksam machte, wandte sich der Mann ihm zu und hцrte hinuntergebeugt seinen leisen Bericht an. Dann zog er seine Uhr und sah schnell nach K. hin. »Sie hдtten vor einer Stunde und fьnf Minuten erscheinen sollen«, sagte er. K. wollte etwas antworten, aber er hatte keine Zeit, denn kaum hatte der Mann ausgesprochen, erhob sich in der rechten Saalhдlfte ein allgemeines Murren. »Sie hдtten vor einer Stunde und fьnf Minuten erscheinen sollen«, wiederholte nun der Mann mit erhobener Stimme und sah nun auch schnell in den Saal hinunter. Sofort wurde auch das Murren stдrker und verlor sich, da der Mann nichts mehr sagte, nur allmдhlich. Es war jetzt im Saal viel stiller als bei K.s Eintritt. Nur die Leute auf der Galerie hцrten nicht auf, ihre Bemerkungen zu machen. Sie schienen, soweit man oben in dem Halbdunkel, Dunst und Staub etwas unterscheiden konnte, schlechter angezogen zu sein als die unten. Manche hatten Polster mitgebracht, die sie zwischen den Kopf und die Zimmerdecke gelegt hatten, um sich nicht wundzudrьcken.
K. hatte sich entschlossen, mehr zu beobachten als zu reden, infolgedessen verzichtete er auf die Verteidigung wegen seines angeblichen Zuspдtkommens und sagte bloЯ: »Mag ich zu spдt gekommen sein, jetzt bin ich hier.« Ein Beifallklatschen, wieder aus der rechten Saalhдlfte, folgte. Leicht zu gewinnende Leute, dachte K. und war nur gestцrt durch die Stille in der linken Saalhдlfte, die gerade hinter ihm lag und aus der sich nur ganz vereinzeltes Hдndeklatschen erhoben hatte. Er dachte nach, was er sagen kцnnte, um alle auf einmal oder, wenn das nicht mцglich sein sollte, wenigstens zeitweilig auch die anderen zu gewinnen.
»Ja«, sagte der Mann, »aber ich bin nicht mehr verpflichtet, Sie jetzt zu verhцren« – wieder das Murren, diesmal aber miЯverstдndlich, denn der Mann fuhr, indem er den Leuten mit der Hand abwinkte, fort, – »ich will es jedoch ausnahmsweise heute noch tun. Eine solche Verspдtung darf sich aber nicht mehr wiederholen. Und nun treten Sie vor!« Irgend jemand sprang vom Podium hinunter, so daЯ fьr K. ein Platz frei wurde, auf den er hinaufstieg. Er stand eng an den Tisch gedrьckt, das Gedrдnge hinter ihm war so groЯ, daЯ er ihm Widerstand leisten muЯte, wollte er nicht den Tisch des Untersuchungsrichters und vielleicht auch diesen selbst vom Podium hinunterstoЯen. Der Untersuchungsrichter kьmmerte sich aber nicht darum, sondern saЯ recht bequem auf seinem Sessel und griff, nachdem er dem Mann hinter ihm ein abschlieЯendes Wort gesagt hatte, nach einem kleinen Anmerkungsbuch, dem einzigen Gegenstand auf seinem Tisch. Es war schulheftartig, alt, durch vieles Blдttern ganz aus der Form gebracht. »Also«, sagte der Untersuchungsrichter, blдtterte in dem Heft und wandte sich im Tone einer Feststellung an K., »Sie sind Zimmermaler?« »Nein«, sagte K., »sondern erster Prokurist einer groЯen Bank.« Dieser Antwort folgte bei der rechten Partei unten ein Gelдchter, das so herzlich war, daЯ K. mitlachen muЯte. Die Leute stьtzten sich mit den Hдnden auf ihre Knie und schьttelten sich wie unter schweren Hustenanfдllen. Es lachten sogar einzelne auf der Galerie. Der ganz bцse gewordene Untersuchungsrichter, der wahrscheinlich gegen die Leute unten machtlos war, suchte sich an der Galerie zu entschдdigen, sprang auf, drohte der Galerie, und seine sonst wenig auffallenden Augenbrauen drдngten sich buschig, schwarz und groЯ ьber seinen Augen.
Die linke Saalhдlfte war aber noch immer still, die Leute standen dort in Reihen, hatten ihre Gesichter dem Podium zugewendet und hцrten den Worten, die oben gewechselt wurden, ebenso ruhig zu wie dem Lдrm der anderen Partei, sie duldeten sogar, daЯ einzelne aus ihren Reihen mit der anderen Partei hie und da gemeinsam vorgingen. Die Leute der linken Partei, die ьbrigens weniger zahlreich waren, mochten im Grunde ebenso unbedeutend sein wie die der rechten Partei, aber die Ruhe ihres Verhaltens lieЯ sie bedeutungsvoller erscheinen. Als K. jetzt zu reden begann, war er ьberzeugt, in ihrem Sinne zu sprechen.
»Ihre Frage, Herr Untersuchungsrichter, ob ich Zimmermaler bin – vielmehr, Sie haben gar nicht gefragt, sondern es mir auf den Kopf zugesagt –, ist bezeichnend fьr die ganze Art des Verfahrens, das gegen mich gefьhrt wird. Sie kцnnen einwenden, daЯ es ja ьberhaupt kein Verfahren ist, Sie haben sehr recht, denn es ist ja nur ein Verfahren, wenn ich es als solches anerkenne. Aber ich erkenne es also fьr den Augenblick jetzt an, aus Mitleid gewissermaЯen. Man kann sich nicht anders als mitleidig dazu stellen, wenn man es ьberhaupt beachten will. Ich sage nicht, daЯ es ein liederliches Verfahren ist, aber ich mцchte Ihnen diese Bezeichnung zur Selbsterkenntnis angeboten haben.«
K. unterbrach sich und sah in den Saal hinunter. Was er gesagt hatte, war scharf, schдrfer, als er es beabsichtigt hatte, aber doch richtig. Es hдtte Beifall hier oder dort verdient, es war jedoch alles still, man wartete offenbar gespannt auf das Folgende, es bereitete sich vielleicht in der Stille ein Ausbruch vor, der allem ein Ende machen wьrde. Stцrend war es, daЯ sich jetzt die Tьr am Saalende цffnete, die junge Wдscherin, die ihre Arbeit wahrscheinlich beendet hatte, eintrat und trotz aller Vorsicht, die sie aufwendete, einige Blicke auf sich zog. Nur der Untersuchungsrichter machte K. unmittelbare Freude, denn er schien von den Worten sofort getroffen zu werden. Er hatte bisher stehend zugehцrt, denn er war von K.s Ansprache ьberrascht worden, wдhrend er sich fьr die Galerie aufgerichtet hatte. Jetzt, in der Pause, setzte er sich allmдhlich, als sollte es nicht bemerkt werden. Wahrscheinlich um seine Miene zu beruhigen, nahm er wieder das Heftchen vor.
»Es hilft nichts«, fuhr K. fort, »auch Ihr Heftchen, Herr Untersuchungsrichter, bestдtigt, was ich sage.« Zufrieden damit, nur seine ruhigen Worte in der fremden Versammlung zu hцren, wagte es K. sogar, kurzerhand das Heft dem Untersuchungsrichter wegzunehmen und es mit den Fingerspitzen, als scheue er sich davor, an einem mittleren Blatte hochzuheben, so daЯ beiderseits die engbeschriebenen, fleckigen, gelbrandigen Blдtter hinunterhingen. »Das sind die Akten des Untersuchungsrichters«, sagte er und lieЯ das Heft auf den Tisch hinunterfallen. »Lesen Sie darin ruhig weiter, Herr Untersuchungsrichter, vor diesem Schuldbuch fьrchte ich mich wahrhaftig nicht, obwohl es mir unzugдnglich ist, denn ich kann es nur mit zwei Fingern anfassen und wьrde es nicht in die Hand nehmen.« Es konnte nur ein Zeichen tiefer Demьtigung sein oder es muЯte zumindest so aufgefaЯt werden, daЯ der Untersuchungsrichter nach dem Heftchen, wie es auf den Tisch gefallen war, griff, es ein wenig in Ordnung zu bringen suchte und es wieder vornahm, um darin zu lesen.
Die Gesichter der Leute in der ersten Reihe waren so gespannt auf K. gerichtet, daЯ er ein Weilchen lang zu ihnen hinuntersah. Es waren durchwegs дltere Mдnner, einige waren weiЯbдrtig. Waren vielleicht sie die Entscheidenden, die die ganze Versammlung beeinflussen konnten, welche auch durch die Demьtigung des Untersuchungsrichters sich nicht aus der Regungslosigkeit bringen lieЯ, in welche sie seit K.s Rede versunken war? »Was mir geschehen ist«, fuhr K. fort, etwas leiser als frьher, und suchte immer wieder die Gesichter der ersten Reihe ab, was seiner Rede einen etwas fahrigen Ausdruck gab, »was mir geschehen ist, ist ja nur ein einzelner Fall und als solcher nicht sehr wichtig, da ich es nicht sehr schwer nehme, aber es ist das Zeichen eines Verfahrens, wie es gegen viele geьbt wird. Fьr diese stehe ich hier ein, nicht fьr mich.«
Er hatte unwillkьrlich seine Stimme erhoben. Irgendwo klatschte jemand mit erhobenen Hдnden und rief: »Bravo! Warum denn nicht? Bravo! Und wieder Bravo!« Die in der ersten Reihe griffen hier und da in ihre Bдrte, keiner kehrte sich wegen des Ausrufs um. Auch K. maЯ ihm keine Bedeutung bei, war aber doch aufgemuntert; er hielt es jetzt gar nicht mehr fьr nцtig, daЯ alle Beifall klatschten, es genьgte, wenn die Allgemeinheit ьber die Sache nachzudenken begann und nur manchmal einer durch Ьberredung gewonnen wurde.
»Ich will nicht Rednererfolg«, sagte K. aus dieser Ьberlegung heraus, »er dьrfte mir auch nicht erreichbar sein. Der Herr Untersuchungsrichter spricht wahrscheinlich viel besser, es gehцrt ja zu seinem Beruf. Was ich will, ist nur die цffentliche Besprechung eines цffentlichen MiЯstandes. Hцren Sie: Ich bin vor etwa zehn Tagen verhaftet worden, ьber die Tatsache der Verhaftung selbst lache ich, aber das gehцrt jetzt nicht hierher. Ich wurde frьh im Bett ьberfallen, vielleicht hatte man – es ist nach dem, was der Untersuchungsrichter sagte, nicht ausgeschlossen – den Befehl, irgendeinen Zimmermaler, der ebenso unschuldig ist wie ich, zu verhaften, aber man wдhlte mich. Das Nebenzimmer war von zwei groben Wдchtern besetzt. Wenn ich ein gefдhrlicher Rдuber wдre, hдtte man nicht bessere Vorsorge treffen kцnnen. Diese Wдchter waren ьberdies demoralisiertes Gesindel, sie schwдtzten mir die Ohren voll, sie wollten sich bestechen lassen, sie wollten mir unter Vorspiegelungen Wдsche und Kleider herauslocken, sie wollten Geld, um mir angeblich ein Frьhstьck zu bringen, nachdem sie mein eigenes Frьhstьck vor meinen Augen schamlos aufgegessen hatten. Nicht genug daran. Ich wurde in ein drittes Zimmer vor den Aufseher gefьhrt. Es war das Zimmer einer Dame, die ich sehr schдtze, und ich muЯte zusehen, wie dieses Zimmer meinetwegen, aber ohne meine Schuld, durch die Anwesenheit der Wдchter und des Aufsehers gewissermaЯen verunreinigt wurde. Es war nicht leicht, ruhig zu bleiben. Es gelang mir aber, und ich fragte den Aufseher vollstдndig ruhig – wenn er hier wдre, mьЯte er es bestдtigen –, warum ich verhaftet sei. Was antwortete nun dieser Aufseher, den ich jetzt noch vor mir sehe, wie er auf dem Sessel der erwдhnten Dame als eine Darstellung des stumpfsinnigsten Hochmuts sitzt? Meine Herren, er antwortete im Grunde nichts, vielleicht wuЯte er wirklich nichts, er hatte mich verhaftet und war damit zufrieden. Er hat sogar noch ein ьbriges getan und in das Zimmer jener Dame drei niedrige Angestellte meiner Bank gebracht, die sich damit beschдftigten, Photographien, Eigentum der Dame, zu betasten und in Unordnung zu bringen. Die Anwesenheit dieser Angestellten hatte natьrlich noch einen andern Zweck, sie sollten, ebenso wie meine Vermieterin und ihr Dienstmдdchen, die Nachricht von meiner Verhaftung verbreiten, mein цffentliches Ansehen schдdigen und insbesondere in der Bank meine Stellung erschьttern. Nun ist nichts davon, auch nicht im geringsten, gelungen, selbst meine Vermieterin, eine ganz einfache Person – ich will ihren Namen hier in ehrendem Sinne nennen, sie heiЯt Frau Grubach –, selbst Frau Grubach war verstдndig genug, einzusehen, daЯ eine solche Verhaftung nicht mehr bedeutet, als einen Anschlag, den nicht genьgend beaufsichtigte Jungen auf der Gasse ausfьhren. Ich wiederhole, mir hat das Ganze nur Unannehmlichkeiten und vorьbergehenden Дrger bereitet, hдtte es aber nicht auch schlimmere Folgen haben kцnnen?«
Als K. sich hier unterbrach und nach dem stillen Untersuchungsrichter hinsah, glaubte er zu bemerken, daЯ dieser gerade mit einem Blick jemandem in der Menge ein Zeichen gab. K. lдchelte und sagte: »Eben gibt hier neben mir der Herr Untersuchungsrichter jemandem von Ihnen ein geheimes Zeichen. Es sind also Leute unter Ihnen, die von hier oben dirigiert werden. Ich weiЯ nicht, ob das Zeichen jetzt Zischen oder Beifall bewirken sollte, und verzichte dadurch, daЯ ich die Sache vorzeitig verrate, ganz bewuЯt darauf, die Bedeutung des Zeichens zu erfahren. Es ist mir vollstдndig gleichgьltig, und ich ermдchtige den Herrn Untersuchungsrichter цffentlich, seine bezahlten Angestellten dort unten, statt mit geheimen Zeichen, laut mit Worten zu befehligen, indem er etwa einmal sagt: ›Jetzt zischt!‹ und das nдchste Mal: ›Jetzt klatscht!‹«
In Verlegenheit oder Ungeduld rьckte der Untersuchungsrichter auf seinem Sessel hin und her. Der Mann hinter ihm, mit dem er sich schon frьher unterhalten hatte, beugte sich wieder zu ihm, sei es, um ihm im allgemeinen Mut zuzusprechen oder um ihm einen besonderen Rat zu geben. Unten unterhielten sich die Leute leise, aber lebhaft. Die zwei Parteien, die frьher so entgegengesetzte Meinungen gehabt zu haben schienen, vermischten sich, einzelne Leute zeigten mit dem Finger auf K., andere auf den Untersuchungsrichter. Der neblige Dunst im Zimmer war дuЯerst lдstig, er verhinderte sogar eine genauere Beobachtung der Fernerstehenden. Besonders fьr die Galeriebesucher muЯte er stцrend sein, sie waren gezwungen, allerdings unter scheuen Seitenblicken nach dem Untersuchungsrichter, leise Fragen an die Versammlungsteilnehmer zu stellen, um sich nдher zu unterrichten. Die Antworten wurden im Schutz der vorgehaltenen Hдnde ebenso leise gegeben.
»Ich bin gleich zu Ende«, sagte K. und schlug, da keine Glocke vorhanden war, mit der Faust auf den Tisch; im Schrecken darьber fuhren die Kцpfe des Untersuchungsrichters und seines Ratgebers augenblicklich auseinander: »Mir steht die ganze Sache fern, ich beurteile sie daher ruhig, und Sie kцnnen, vorausgesetzt, daЯ Ihnen an diesem angeblichen Gericht etwas gelegen ist, groЯen Vorteil davon haben, wenn Sie mir zuhцren. Ihre gegenseitigen Besprechungen dessen, was ich vorbringe, bitte ich Sie fьr spдterhin zu verschieben, denn ich habe keine Zeit und werde bald weggehen.«
Sofort war es still, so sehr beherrschte K. schon die Versammlung. Man schrie nicht mehr durcheinander wie am Anfang, man klatschte nicht einmal mehr Beifall, aber man schien schon ьberzeugt oder auf dem nдchsten Wege dazu.
»Es ist kein Zweifel«, sagte K. sehr leise, denn ihn freute das angespannte Aufhorchen der ganzen Versammlung, in dieser Stille entstand ein Sausen, das aufreizender war als der verzьckteste Beifall, »es ist kein Zweifel, daЯ hinter allen ДuЯerungen dieses Gerichtes, in meinem Fall also hinter der Verhaftung und der heutigen Untersuchung, eine groЯe Organisation sich befindet. Eine Organisation, die nicht nur bestechliche Wдchter, lдppische Aufseher und Untersuchungsrichter, die gьnstigsten Falles bescheiden sind, beschдftigt, sondern die weiterhin jedenfalls eine Richterschaft hohen und hцchsten Grades unterhдlt, mit dem zahllosen, unumgдnglichen Gefolge von Dienern, Schreibern, Gendarmen und anderen Hilfskrдften, vielleicht sogar Henkern, ich scheue vor dem Wort nicht zurьck. Und der Sinn dieser groЯen Organisation, meine Herren? Er besteht darin, daЯ unschuldige Personen verhaftet werden und gegen sie ein sinnloses und meistens, wie in meinem Fall, ergebnisloses Verfahren eingeleitet wird. Wie lieЯe sich bei dieser Sinnlosigkeit des Ganzen die schlimmste Korruption der Beamtenschaft vermeiden? Das ist unmцglich, das brдchte auch der hцchste Richter nicht einmal fьr sich selbst zustande. Darum suchen die Wдchter den Verhafteten die Kleider vom Leib zu stehlen, darum brechen Aufseher in fremde Wohnungen ein, darum sollen Unschuldige, statt verhцrt, lieber vor ganzen Versammlungen entwьrdigt werden. Die Wдchter haben nur von Depots erzдhlt, in die man das Eigentum der Verhafteten bringt, ich wollte einmal diese Depotplдtze sehen, in denen das mьhsam erarbeitete Vermцgen der Verhafteten fault, soweit es nicht von diebischen Depotbeamten gestohlen ist.« K. wurde durch ein Kreischen vom Saalende unterbrochen, er beschattete die Augen, um hinsehen zu kцnnen, denn das trьbe Tageslicht machte den Dunst weiЯlich und blendete. Es handelte sich um die Waschfrau, die K. gleich bei ihrem Eintritt als eine wesentliche Stцrung erkannt hatte. Ob sie jetzt schuldig war oder nicht, konnte man nicht erkennen. K. sah nur, daЯ ein Mann sie in einen Winkel bei der Tьr gezogen hatte und dort an sich drьckte. Aber nicht sie kreischte, sondern der Mann, er hatte den Mund breit gezogen und blickte zur Decke. Ein kleiner Kreis hatte sich um beide gebildet, die Galeriebesucher in der Nдhe schienen darьber begeistert, daЯ der Ernst, den K. in die Versammlung eingefьhrt hatte, auf diese Weise unterbrochen wurde. K. wollte unter dem ersten Eindruck gleich hinlaufen, auch dachte er, allen wьrde daran gelegen sein, dort Ordnung zu schaffen und zumindest das Paar aus dem Saal zu weisen, aber die ersten Reihen vor ihm blieben ganz fest, keiner rьhrte sich, und keiner lieЯ K. durch. Im Gegenteil, man hinderte ihn, alte Mдnner hielten den Arm vor, und irgendeine Hand – er hatte nicht Zeit, sich umzudrehen – faЯte ihn hinten am Kragen. K. dachte nicht eigentlich mehr an das Paar, ihm war, als werde seine Freiheit eingeschrдnkt, als mache man mit der Verhaftung ernst, und er sprang rьcksichtslos vom Podium hinunter. Nun stand er Aug in Aug dem Gedrдnge gegenьber. Hatte er die Leute richtig beurteilt? Hatte er seiner Rede zuviel Wirkung zugetraut? Hatte man sich verstellt, solange er gesprochen hatte, und hatte man jetzt, da er zu den SchluЯfolgerungen kam, die Verstellung satt? Was fьr Gesichter rings um ihn! Kleine, schwarze Дuglein huschten hin und her, die Wangen hingen herab, wie bei Versoffenen, die langen Bдrte waren steif und schьtter, und griff man in sie, so war es, als bilde man bloЯ Krallen, nicht als griffe man in Bдrte. Unter den Bдrten aber – und das war die eigentliche Entdeckung, die K. machte – schimmerten am Rockkragen Abzeichen in verschiedener GrцЯe und Farbe. Alle hatten diese Abzeichen, soweit man sehen konnte. Alle gehцrten zueinander, die scheinbaren Parteien rechts und links, und als er sich plцtzlich umdrehte, sah er die gleichen Abzeichen am Kragen des Untersuchungsrichters, der, die Hдnde im SchoЯ, ruhig hinuntersah. »So«, rief K. und warf die Arme in die Hцhe, die plцtzliche Erkenntnis wollte Raum, »ihr seid ja alle Beamte, wie ich sehe, ihr seid ja die korrupte Bande, gegen die ich sprach, ihr habt euch hier gedrдngt, als Zuhцrer und Schnьffler, habt scheinbare Parteien gebildet, und eine hat applaudiert, um mich zu prьfen, ihr wolltet lernen, wie man Unschuldige verfьhren soll! Nun, ihr seid nicht nutzlos hier gewesen, hoffe ich, entweder habt ihr euch darьber unterhalten, daЯ jemand die Verteidigung der Unschuld von euch erwartet hat, oder aber – laЯ mich oder ich schlage«, rief K. einem zitternden Greis zu, der sich besonders nahe an ihn geschoben hatte – »oder aber ihr habt wirklich etwas gelernt. Und damit wьnsche ich euch Glьck zu euerem Gewerbe.« Er nahm schnell seinen Hut, der am Rande des Tisches lag, und drдngte sich unter allgemeiner Stille, jedenfalls der Stille vollkommenster Ьberraschung, zum Ausgang. Der Untersuchungsrichter schien aber noch schneller als K. gewesen zu sein, denn er erwartete ihn bei der Tьr. »Einen Augenblick«, sagte er. K. blieb stehen, sah aber nicht auf den Untersuchungsrichter, sondern auf die Tьr, deren Klinke er schon ergriffen hatte. »Ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen«, sagte der Untersuchungsrichter, »daЯ Sie sich heute – es dьrfte Ihnen noch nicht zu BewuЯtsein gekommen sein – des Vorteils beraubt haben, den ein Verhцr fьr den Verhafteten in jedem Falle bedeutet.« K. lachte die Tьr an. »Ihr Lumpen«, rief er, »ich schenke euch alle Verhцre«, цffnete die Tьr und eilte die Treppe hinunter. Hinter ihm erhob sich der Lдrm der wieder lebendig gewordenen Versammlung, welche die Vorfдlle wahrscheinlich nach Art von Studierenden zu besprechen begann.

Drittes Kapitel Im leeren Sitzungssaal, der Student, die Kanzleien

K. wartete wдhrend der nдchsten Woche von Tag zu Tag auf eine neuerliche Verstдndigung, er konnte nicht glauben, daЯ man seinen Verzicht auf Verhцre wцrtlich genommen hatte, und als die erwartete Verstдndigung bis Samstagabend wirklich nicht kam, nahm er an, er sei stillschweigend in das gleiche Haus fьr die gleiche Zeit wieder vorgeladen. Er begab sich daher Sonntags wieder hin, ging diesmal geradewegs ьber Treppen und Gдnge; einige Leute, die sich seiner erinnerten, grьЯten ihn an ihren Tьren, aber er muЯte niemanden mehr fragen und kam bald zu der richtigen Tьr. Auf sein Klopfen wurde ihm gleich aufgemacht, und ohne sich weiter nach der bekannten Frau umzusehen, die bei der Tьr stehenblieb, wollte er gleich ins Nebenzimmer. »Heute ist keine Sitzung«, sagte die Frau. »Warum sollte keine Sitzung sein?« fragte er und wollte es nicht glauben. Aber die Frau ьberzeugte ihn, indem sie die Tьr des Nebenzimmers цffnete. Es war wirklich leer und sah in seiner Leere noch klдglicher aus als am letzten Sonntag. Auf dem Tisch, der unverдndert auf dem Podium stand, lagen einige Bьcher. »Kann ich mir die Bьcher anschauen?« fragte K., nicht aus besonderer Neugierde, sondern nur, um nicht vollstдndig nutzlos hier gewesen zu sein. »Nein«, sagte die Frau und schloЯ wieder die Tьr, »das ist nicht erlaubt. Die Bьcher gehцren dem Untersuchungsrichter.« »Ach so«, sagte K. und nickte, »die Bьcher sind wohl Gesetzbьcher, und es gehцrt zu der Art dieses Gerichtswesens, daЯ man nicht nur unschuldig, sondern auch unwissend verurteilt wird.« »Es wird so sein«, sagte die Frau, die ihn nicht genau verstanden hatte. »Nun, dann gehe ich wieder«, sagte K. »Soll ich dem Untersuchungsrichter etwas melden?« fragte die Frau. »Sie kennen ihn?« fragte K. »Natьrlich«, sagte die Frau, »mein Mann ist ja Gerichtsdiener.« Erst jetzt merkte K., daЯ das Zimmer, in dem letzthin nur ein Waschbottich gestanden war, jetzt ein vцllig eingerichtetes Wohnzimmer bildete. Die Frau bemerkte sein Staunen und sagte: »Ja, wir haben hier freie Wohnung, mьssen aber an Sitzungstagen das Zimmer ausrдumen. Die Stellung meines Mannes hat manche Nachteile.« »Ich staune nicht so sehr ьber das Zimmer«, sagte K. und blickte sie bцse an, »als vielmehr darьber, daЯ Sie verheiratet sind.« »Spielen Sie vielleicht auf den Vorfall in der letzten Sitzung an, durch den ich Ihre Rede stцrte?« fragte die Frau. »Natьrlich«, sagte K., »heute ist es ja schon vorьber und fast vergessen, aber damals hat es mich geradezu wьtend gemacht. Und nun sagen Sie selbst, daЯ Sie eine verheiratete Frau sind.« »Es war nicht zu Ihrem Nachteil, daЯ Ihre Rede abgebrochen wurde. Man hat nachher noch sehr ungьnstig ьber sie geurteilt.« »Mag sein«, sagte K. ablenkend, »aber Sie entschuldigt das nicht.« »Ich bin vor allen entschuldigt, die mich kennen«, sagte die Frau, »der, welcher mich damals umarmt hat, verfolgt mich schon seit langem. Ich mag im allgemeinen nicht verlockend sein, fьr ihn bin ich es aber. Es gibt hierfьr keinen Schutz, auch mein Mann hat sich schon damit abgefunden; will er seine Stellung behalten, muЯ er es dulden, denn jener Mann ist Student und wird voraussichtlich zu grцЯerer Macht kommen. Er ist immerfort hinter mir her, gerade ehe Sie kamen, ist er fortgegangen.« »Es paЯt zu allem anderen«, sagte K., »es ьberrascht mich nicht.« »Sie wollen hier wohl einiges verbessern?« fragte die Frau langsam und prьfend, als sage sie etwas, was sowohl fьr sie als fьr K. gefдhrlich war. »Ich habe das schon aus Ihrer Rede geschlossen, die mir persцnlich sehr gut gefallen hat. Ich habe allerdings nur einen Teil gehцrt, den Anfang habe ich versдumt und wдhrend des Schlusses lag ich mit dem Studenten auf dem Boden. – Es ist ja so widerlich hier«, sagte sie nach einer Pause und faЯte K.s Hand. »Glauben Sie, daЯ es Ihnen gelingen wird, eine Besserung zu erreichen?« K. lдchelte und drehte seine Hand ein wenig in ihren weichen Hдnden. »Eigentlich«, sagte er, »bin ich nicht dazu angestellt, Besserungen hier zu erreichen, wie Sie sich ausdrьcken, und wenn Sie es zum Beispiel dem Untersuchungsrichter sagten, wьrden Sie ausgelacht oder bestraft werden. Tatsдchlich hдtte ich mich auch aus freiem Willen in diese Dinge gewiЯ nicht eingemischt, und meinen Schlaf hдtte die Verbesserungsbedьrftigkeit dieses Gerichtswesens niemals gestцrt. Aber ich bin dadurch, daЯ ich angeblich verhaftet wurde – ich bin nдmlich verhaftet –, gezwungen worden, hier einzugreifen, und zwar um meinetwillen. Wenn ich aber dabei auch Ihnen irgendwie nьtzlich sein kann, werde ich es natьrlich sehr gerne tun. Nicht etwa nur aus Nдchstenliebe, sondern auЯerdem deshalb, weil auch Sie mir helfen kцnnen.
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