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А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

« »Nein«, sagte der Kaufmann, »im Gegenteil. Aber das sind Dummheiten.« »Was fьr Dummheiten denn?« fragte K. »Warum fragen Sie danach?« sagte der Kaufmann дrgerlich. »Sie scheinen die Leute dort noch nicht zu kennen und werden es vielleicht unrichtig auffassen. Sie mьssen bedenken, daЯ in diesem Verfahren immer wieder viele Dinge zur Sprache kommen, fьr die der Verstand nicht mehr ausreicht, man ist einfach zu mьde und abgelenkt fьr vieles, und zum Ersatz verlegt man sich auf den Aberglauben. Ich rede von den anderen, bin aber selbst gar nicht besser. Ein solcher Aberglaube ist es zum Beispiel, daЯ viele aus dem Gesicht des Angeklagten, insbesondere aus der Zeichnung der Lippen, den Ausgang des Prozesses erkennen wollen. Diese Leute also haben behauptet, Sie wьrden, nach Ihren Lippen zu schlieЯen, gewiЯ und bald verurteilt werden. Ich wiederhole, es ist ein lдcherlicher Aberglaube und in den meisten Fдllen durch die Tatsachen auch vollstдndig widerlegt, aber wenn man in jener Gesellschaft lebt, ist es schwer, sich solchen Meinungen zu entziehen. Denken Sie nur, wie stark dieser Aberglaube wirken kann. Sie haben doch einen dort angesprochen, nicht? Er konnte Ihnen aber kaum antworten. Es gibt natьrlich viele Grьnde, um dort verwirrt zu sein, aber einer davon war auch der Anblick Ihrer Lippen. Er hat spдter erzдhlt, er hдtte auf Ihren Lippen auch das Zeichen seiner eigenen Verurteilung zu sehen geglaubt.« »Meine Lippen?« fragte K., zog einen Taschenspiegel hervor und sah sich an. »Ich kann an meinen Lippen nichts Besonderes erkennen. Und Sie?« »Ich auch nicht«, sagte der Kaufmann, »ganz und gar nicht.« »Wie aberglдubisch diese Leute sind!« rief K. aus. »Sagte ich es nicht?« fragte der Kaufmann. »Verkehren sie denn soviel untereinander und tauschen sie ihre Meinungen aus?« sagte K. »Ich habe mich bisher ganz abseits gehalten.« »Im allgemeinen verkehren sie nicht miteinander«, sagte der Kaufmann, »das wдre nicht mцglich, es sind ja so viele. Es gibt auch wenig gemeinsame Interessen. Wenn manchmal in einer Gruppe der Glaube an ein gemeinsames Interesse auftaucht, so erweist er sich bald als ein Irrtum. Gemeinsam lдЯt sich gegen das Gericht nichts durchsetzen. Jeder Fall wird fьr sich untersucht, es ist ja das sorgfдltigste Gericht. Gemeinsam kann man also nichts durchsetzen, nur ein einzelner erreicht manchmal etwas im geheimen; erst wenn es erreicht ist, erfahren es die anderen; keiner weiЯ, wie es geschehen ist. Es gibt also keine Gemeinsamkeit, man kommt zwar hie und da in den Wartezimmern zusammen, aber dort wird wenig besprochen. Die aberglдubischen Meinungen bestehen schon seit alters her und vermehren sich fцrmlich von selbst.« »Ich sah die Herren dort im Wartezimmer«, sagte K., »ihr Warten kam mir so nutzlos vor.« »Das Warten ist nicht nutzlos«, sagte der Kaufmann, »nutzlos ist nur das selbstдndige Eingreifen. Ich sagte schon, daЯ ich jetzt auЯer diesem noch fьnf Advokaten habe. Man sollte doch glauben – ich selbst glaubte es zuerst –, jetzt kцnnte ich ihnen die Sache vollstдndig ьberlassen. Das wдre aber ganz falsch. Ich kann sie ihnen weniger ьberlassen, als wenn ich nur einen hдtte. Sie verstehen das wohl nicht?« »Nein«, sagte K. und legte, um den Kaufmann an seinem allzu schnellen Reden zu hindern, die Hand beruhigend auf seine Hand, »ich mцchte Sie nur bitten, ein wenig langsamer zu reden, es sind doch lauter fьr mich sehr wichtige Dinge, und ich kann Ihnen nicht recht folgen.« »Gut, daЯ Sie mich daran erinnern«, sagte der Kaufmann, »Sie sind ja ein Neuer, ein Junger. Ihr ProzeЯ ist ein halbes Jahr alt, nicht wahr? Ja, ich habe davon gehцrt. Ein so junger ProzeЯ! Ich aber habe diese Dinge schon unzдhligemal durchgedacht, sie sind mir das Selbstverstдndlichste auf der Welt.« »Sie sind wohl froh, daЯ Ihr ProzeЯ schon so weit fortgeschritten ist?« fragte K., er wollte nicht geradezu fragen, wie die Angelegenheiten des Kaufmanns stьnden. Er bekam aber auch keine deutliche Antwort. »Ja, ich habe meinen ProzeЯ fьnf Jahre lang fortgewдlzt«, sagte der Kaufmann und senkte den Kopf, »es ist keine kleine Leistung.« Dann schwieg er ein Weilchen. K. horchte, ob Leni nicht schon komme. Einerseits wollte er nicht, daЯ sie komme, denn er hatte noch vieles zu fragen und wollte auch nicht von Leni in diesem vertraulichen Gesprдch mit dem Kaufmann angetroffen werden, andererseits aber дrgerte er sich darьber, daЯ sie trotz seiner Anwesenheit so lange beim Advokaten blieb, viel lдnger, als zum Reichen der Suppe nцtig war. »Ich erinnere mich noch an die Zeit genau«, begann der Kaufmann wieder, und K. war gleich voll Aufmerksamkeit, »als mein ProzeЯ etwa so alt war wie jetzt Ihr ProzeЯ. Ich hatte damals nur diesen Advokaten, war aber nicht sehr mit ihm zufrieden.« Hier erfahre ich ja alles, dachte K. und nickte lebhaft mit dem Kopf, als kцnne er dadurch den Kaufmann aufmuntern, alles Wissenswerte zu sagen. »Mein ProzeЯ«, fuhr der Kaufmann fort, »kam nicht vorwдrts, es fanden zwar Untersuchungen statt, ich kam auch zu jeder, sammelte Material, erlegte alle meine Geschдftsbьcher bei Gericht, was, wie ich spдter erfuhr, nicht einmal nцtig war, ich lief immer wieder zum Advokaten, er brachte auch verschiedene Eingaben ein –.« »Verschiedene Eingaben?« fragte K. »Ja, gewiЯ«, sagte der Kaufmann. »Das ist mir sehr wichtig«, sagte K., »in meinem Fall arbeitet er noch immer an der ersten Eingabe. Er hat noch nichts getan. Ich sehe jetzt, er vernachlдssigt mich schдndlich.« »DaЯ die Eingabe noch nicht fertig ist, kann verschiedene berechtigte Grьnde haben«, sagte der Kaufmann. »Ьbrigens hatte es sich bei meinen Eingaben spдter gezeigt, daЯ sie ganz wertlos waren. Ich habe sogar eine durch das Entgegenkommen eines Gerichtsbeamten selbst gelesen. Sie war zwar gelehrt, aber eigentlich inhaltlos. Vor allem sehr viel Latein, das ich nicht verstehe, dann seitenlange allgemeine Anrufungen des Gerichtes, dann Schmeicheleien fьr einzelne bestimmte Beamte, die zwar nicht genannt waren, die aber ein Eingeweihter jedenfalls erraten muЯte, dann Selbstlob des Advokaten, wobei er sich auf geradezu hьndische Weise vor dem Gericht demьtigte, und endlich Untersuchungen von Rechtsfдllen aus alter Zeit, die dem meinigen дhnlich sein sollten. Diese Untersuchungen waren allerdings, soweit ich ihnen folgen konnte, sehr sorgfдltig gemacht. Ich will auch mit diesem allen kein Urteil ьber die Arbeit des Advokaten abgeben, auch war die Eingabe, die ich gelesen habe, nur eine unter mehreren, jedenfalls aber, und davon will ich jetzt sprechen, konnte ich damals in meinem ProzeЯ keinen Fortschritt sehen.« »Was fьr einen Fortschritt wollten Sie denn sehen?« fragte K. »Sie fragen ganz vernьnftig«, sagte der Kaufmann lдchelnd, »man kann in diesem Verfahren nur selten Fortschritte sehen. Aber damals wuЯte ich das nicht. Ich bin Kaufmann und war es damals noch viel mehr als heute, ich wollte greifbare Fortschritte haben, das Ganze sollte sich zum Ende neigen oder wenigstens den regelrechten Aufstieg nehmen. Statt dessen gab es nur Einvernehmungen, die meist den gleichen Inhalt hatten; die Antworten hatte ich schon bereit wie eine Litanei; mehrmals in der Woche kamen Gerichtsboten in mein Geschдft, in meine Wohnung oder wo sie mich sonst antreffen konnten; das war natьrlich stцrend (heute ist es wenigstens in dieser Hinsicht viel besser, der telephonische Anruf stцrt viel weniger), auch unter meinen Geschдftsfreunden, insbesondere aber unter meinen Verwandten, fingen Gerьchte von meinem ProzeЯ sich zu verbreiten an, Schдdigungen gab es also von allen Seiten, aber nicht das geringste Anzeichen sprach dafьr, daЯ auch nur die erste Gerichtsverhandlung in der nдchsten Zeit stattfinden wьrde. Ich ging also zum Advokaten und beklagte mich. Er gab mir zwar lange Erklдrungen, lehnte es aber entschieden ab, etwas in meinem Sinne zu tun, niemand habe EinfluЯ auf die Festsetzung der Verhandlung, in einer Eingabe darauf zu dringen – wie ich es verlangte –, sei einfach unerhцrt und wьrde mich und ihn verderben. Ich dachte: Was dieser Advokat nicht will oder kann, wird ein anderer wollen und kцnnen. Ich sah mich also nach anderen Advokaten um. Ich will es gleich vorwegnehmen: keiner hat die Festsetzung der Hauptverhandlung verlangt oder durchgesetzt, es ist, allerdings mit einem Vorbehalt, von dem ich noch sprechen werde, wirklich unmцglich, hinsichtlich dieses Punktes hat mich also dieser Advokat nicht getдuscht; im ьbrigen aber hatte ich es nicht zu bedauern, mich noch an andere Advokaten gewendet zu haben. Sie dьrften wohl von Dr. Huld auch schon manches ьber die Winkeladvokaten gehцrt haben, er hat sie Ihnen wahrscheinlich als sehr verдchtlich dargestellt, und das sind sie wirklich. Allerdings unterlдuft ihm immer, wenn er von ihnen spricht und sich und seine Kollegen zu ihnen in Vergleich setzt, ein kleiner Fehler, auf den ich Sie ganz nebenbei auch aufmerksam machen will. Er nennt dann immer die Advokaten seines Kreises zur Unterscheidung die ›groЯen Advokaten‹. Das ist falsch, es kann sich natьrlich jeder ›groЯ‹ nennen, wenn es ihm beliebt, in diesem Fall aber entscheidet doch nur der Gerichtsgebrauch. Nach diesem gibt es nдmlich auЯer den Winkeladvokaten noch kleine und groЯe Advokaten. Dieser Advokat und seine Kollegen sind jedoch nur die kleinen Advokaten, die groЯen Advokaten aber, von denen ich nur gehцrt und die ich nie gesehen habe, stehen im Rang unvergleichlich hцher ьber den kleinen Advokaten als diese ьber den verachteten Winkeladvokaten.« »Die groЯen Advokaten?« fragte K. »Wer sind denn die? Wie kommt man zu ihnen?« »Sie haben also noch nie von ihnen gehцrt«, sagte der Kaufmann. »Es gibt kaum einen Angeklagten, der nicht, nachdem er von ihnen erfahren hat, eine Zeitlang von ihnen trдumen wьrde. Lassen Sie sich lieber nicht dazu verfьhren. Wer die groЯen Advokaten sind, weiЯ ich nicht, und zu ihnen kommen kann man wohl gar nicht. Ich kenne keinen Fall, von dem sich mit Bestimmtheit sagen lieЯe, daЯ sie eingegriffen hдtten. Manchen verteidigen sie, aber durch eigenen Willen kann man das nicht erreichen, sie verteidigen nur den, den sie verteidigen wollen. Die Sache, deren sie sich annehmen, muЯ aber wohl ьber das niedrige Gericht schon hinausgekommen sein. Im ьbrigen ist es besser, nicht an sie zu denken, denn sonst kommen einem die Besprechungen mit den anderen Advokaten, deren Ratschlдge und deren Hilfeleistungen so widerlich und nutzlos vor, ich habe es selbst erfahren, daЯ man am liebsten alles wegwerfen, sich zu Hause ins Bett legen und von nichts mehr hцren wollte. Das wдre aber natьrlich wieder das Dьmmste, auch hдtte man im Bett nicht lange Ruhe.« »Sie dachten damals also nicht an die groЯen Advokaten?« fragte K. »Nicht lange«, sagte der Kaufmann und lдchelte wieder, »vollstдndig vergessen kann man sie leider nicht, besonders die Nacht ist solchen Gedanken gьnstig. Aber damals wollte ich ja sofortige Erfolge, ich ging daher zu den Winkeladvokaten.«
»Wie ihr hier beieinander sitzt!« rief Leni, die mit der Tasse zurьckgekommen war und in der Tьr stehenblieb. Sie saЯen wirklich eng beisammen, bei der kleinsten Wendung muЯten sie mit den Kцpfen aneinanderstoЯen, der Kaufmann, der, abgesehen von seiner Kleinheit, auch noch den Rьcken gekrьmmt hielt, hatte K. gezwungen, sich auch tief zu bьcken, wenn er alles hцren wollte. »Noch ein Weilchen!« rief K. Leni abwehrend zu und zuckte ungeduldig mit der Hand, die er noch immer auf des Kaufmanns Hand liegen hatte. »Er wollte, daЯ ich ihm von meinem ProzeЯ erzдhle«, sagte der Kaufmann zu Leni. »Erzдhle nur, erzдhle«, sagte diese. Sie sprach mit dem Kaufmann liebevoll, aber doch auch herablassend, K. gefiel das nicht; wie er jetzt erkannt hatte, hatte der Mann doch einen gewissen Wert, zumindest hatte er Erfahrungen, die er gut mitzuteilen verstand. Leni beurteilte ihn wahrscheinlich unrichtig. Er sah дrgerlich zu, als Leni jetzt dem Kaufmann die Kerze, die er die ganze Zeit ьber festgehalten hatte, abnahm, ihm die Hand mit ihrer Schьrze abwischte und dann neben ihm niederkniete, um etwas Wachs wegzukratzen, das von der Kerze auf seine Hose getropft war. »Sie wollten mir von den Winkeladvokaten erzдhlen«, sagte K. und schob, ohne eine weitere Bemerkung, Lenis Hand weg. »Was willst du denn?« fragte Leni, schlug leicht nach K. und setzte ihr Arbeit fort. »Ja, von den Winkeladvokaten«, sagte der Kaufmann und fuhr sich ьber die Stirn, als denke er nach. K. wollte ihm nachhelfen und sagte: »Sie wollten sofortige Erfolge haben und gingen deshalb zu den Winkeladvokaten.« »Ganz richtig«, sagte der Kaufmann, setzte aber nicht fort. »Er will vielleicht vor Leni nicht davon sprechen«, dachte K., bezwang seine Ungeduld, das Weitere gleich jetzt zu hцren, und drang nun nicht mehr weiter in ihn.
»Hast du mich angemeldet?« fragte er Leni. »Natьrlich«, sagte diese, »er wartet auf dich. LaЯ jetzt Block, mit Block kannst du auch spдter reden, er bleibt doch hier.« K. zцgerte noch. »Sie bleiben hier?« fragte er den Kaufmann, er wollte dessen eigene Antwort, er wollte nicht, daЯ Leni vom Kaufmann wie von einem Abwesenden sprach, er war heute gegen Leni voll geheimen Дrgers. Und wieder antwortete nur Leni: »Er schlдft hier цfters.« »Schlдft hier?« rief K., er hatte gedacht, der Kaufmann werde hier nur auf ihn warten, wдhrend er die Unterredung mit dem Advokaten rasch erledigen wьrde, dann aber wьrden sie gemeinsam fortgehen und alles grьndlich und ungestцrt besprechen. »Ja«, sagte Leni, »nicht jeder wird wie du, Josef, zu beliebiger Stunde beim Advokaten vorgelassen. Du scheinst dich ja gar nicht darьber zu wundern, daЯ dich der Advokat trotz seiner Krankheit noch um elf Uhr nachts empfдngt. Du nimmst das, was deine Freunde fьr dich tun, doch als gar zu selbstverstдndlich an. Nun, deine Freunde oder zumindest ich, tun es gerne. Ich will keinen anderen Dank und brauche auch keinen anderen, als daЯ du mich liebhast.« »Dich liebhaben?« dachte K. im ersten Augenblick, erst dann ging es ihm durch den Kopf: »Nun ja, ich habe sie lieb.« Trotzdem sagte er, alles andere vernachlдssigend: »Er empfдngt mich, weil ich sein Klient bin. Wenn auch dafьr noch fremde Hilfe nцtig wдre, mьЯte man bei jedem Schritt immer gleichzeitig betteln und danken.« »Wie schlimm er heute ist, nicht?« fragte Leni den Kaufmann. »Jetzt bin ich der Abwesende«, dachte K. und wurde fast sogar auf den Kaufmann bцse, als dieser, die Unhцflichkeit Lenis ьbernehmend, sagte: »Der Advokat empfдngt ihn auch noch aus anderen Grьnden. Sein Fall ist nдmlich interessanter als der meine. AuЯerdem aber ist sein ProzeЯ in den Anfдngen, also wahrscheinlich noch nicht sehr verfahren, da beschдftigt sich der Advokat noch gern mit ihm. Spдter wird das anders werden.« »Ja, ja«, sagte Leni und sah den Kaufmann lachend an, »wie er schwatzt! Ihm darfst du nдmlich«, hierbei wandte sie sich an K., »gar nichts glauben. So lieb er ist, so geschwдtzig ist er. Vielleicht mag ihn der Advokat auch deshalb nicht leiden, Jedenfalls empfдngt er ihn nur, wenn er in Laune ist. Ich habe mir schon viel Mьhe gegeben, das zu дndern, aber es ist unmцglich. Denke nur, manchmal melde ich Block an, er empfдngt ihn aber erst am dritten Tag nachher. Ist Block aber zu der Zeit, wenn er vorgerufen wird, nicht zur Stelle, so ist alles verloren und er muЯ von neuem angemeldet werden. Deshalb habe ich Block erlaubt, hier zu schlafen, es ist ja schon vorgekommen, daЯ er in der Nacht um ihn gelдutet hat. Jetzt ist also Block auch in der Nacht bereit. Allerdings geschieht es jetzt wieder, daЯ der Advokat, wenn es sich zeigt, daЯ Block da ist, seinen Auftrag, ihn vorzulassen, manchmal widerruft.« K. sah fragend zum Kaufmann hin. Dieser nickte und sagte, so offen wie er frьher mit K. gesprochen hatte, vielleicht war er zerstreut vor Beschдmung: »Ja, man wird spдter sehr abhдngig von seinem Advokaten.« »Er klagt ja nur zum Schein«, sagte Leni. »Er schlдft ja hier sehr gern, wie er mir schon oft gestanden hat.« Sie ging zu einer kleinen Tьr und stieЯ sie auf. »Willst du sein Schlafzimmer sehen?« fragte sie. K. ging hin und sah von der Schwelle aus in den niedrigen fensterlosen Raum, der von einem schmalen Bett vollstдndig ausgefьllt war. In dieses Bett muЯte man ьber den Bettpfosten steigen. Am Kopfende des Bettes war eine Vertiefung in der Mauer, dort standen, peinlich geordnet, eine Kerze, TintenfaЯ und Feder sowie ein Bьndel Papiere, wahrscheinlich ProzeЯschriften. »Sie schlafen im Dienstmдdchenzimmer?« fragte K. und wendete sich zum Kaufmann zurьck. »Leni hat es mir eingerдumt«, antwortete der Kaufmann, »es ist sehr vorteilhaft.« K. sah ihn lange an; der erste Eindruck, den er von dem Kaufmann erhalten hatte, war vielleicht doch der richtige gewesen; Erfahrungen hatte er, denn sein ProzeЯ dauerte schon lange, aber er hatte diese Erfahrungen teuer bezahlt. Plцtzlich ertrug K. den Anblick des Kaufmanns nicht mehr. »Bring ihn doch ins Bett!« rief er Leni zu, die ihn gar nicht zu verstehen schien. Er selbst aber wollte zum Advokaten gehen und durch die Kьndigung sich nicht nur vom Advokaten, sondern auch von Leni und dem Kaufmann befreien. Aber noch ehe er zur Tьr gekommen war, sprach ihn der Kaufmann mit leiser Stimme an: »Herr Prokurist«, K. wandte sich mit bцsem Gesicht um. »Sie haben Ihr Versprechen vergessen«, sagte der Kaufmann und streckte sich von seinem Sitz aus bittend K. entgegen. »Sie wollten mir noch ein Geheimnis sagen.« »Wahrhaftig«, sagte K. und streifte auch Leni, die ihn aufmerksam ansah, mit einem Blick, »also hцren Sie: es ist allerdings fast kein Geheimnis mehr. Ich gehe jetzt zum Advokaten, um ihn zu entlassen.« »Er entlдЯt ihn!« rief der Kaufmann, sprang vom Sessel und lief mit erhobenen Armen in der Kьche umher. Immer wieder rief er: »Er entlдЯt den Advokaten!« Leni wollte gleich auf K. losfahren, aber der Kaufmann kam ihr in den Weg, wofьr sie ihm mit den Fдusten einen Hieb gab. Noch mit den zu Fдusten geballten Hдnden lief sie dann hinter K., der aber einen groЯen Vorsprung hatte. Er war schon in das Zimmer des Advokaten eingetreten, als ihn Leni einholte. Die Tьr hatte er hinter sich fast geschlossen, aber Leni, die mit dem FuЯ den Tьrflьgel offenhielt, faЯte ihn beim Arm und wollte ihn zurьckziehen. Aber er drьckte ihr Handgelenk so stark, daЯ sie unter einem Seufzer ihn loslassen muЯte. Ins Zimmer einzutreten, wagte sie nicht gleich, K. aber versperrte die Tьr mit dem Schlьssel.
»Ich warte schon sehr lange auf Sie«, sagte der Advokat vom Bett aus, legte ein Schriftstьck, das er beim Licht einer Kerze gelesen hatte, auf das Nachttischchen und setzte sich eine Brille auf, mit der er K. scharf ansah. Statt sich zu entschuldigen, sagte K.: »Ich gehe bald wieder weg.« Der Advokat hatte K.s Bemerkung, weil sie keine Entschuldigung war, unbeachtet gelassen und sagte: »Ich werde Sie nдchstens zu dieser spдten Stunde nicht mehr vorlassen.« »Das kommt meinem Anliegen entgegen«, sagte K. Der Advokat sah ihn fragend an. »Setzen Sie sich«, sagte er. »Weil Sie es wьnschen«, sagte K., zog einen Sessel zum Nachttischchen und setzte sich. »Es schien mir, daЯ Sie die Tьr abgesperrt haben«, sagte der Advokat. »Ja«, sagte K., »es war Lenis wegen.« Er hatte nicht die Absicht, irgend jemanden zu schonen. Aber der Advokat fragte: »War sie wieder zudringlich?« »Zudringlich?« fragte K. »Ja«, sagte der Advokat, er lachte dabei, bekam einen Hustenanfall und begann, nachdem dieser vergangen war, wieder zu lachen. »Sie haben doch wohl ihre Zudringlichkeit schon bemerkt?« fragte er und klopfte K. auf die Hand, die dieser zerstreut auf das Nachttischchen gestьtzt hatte und die er jetzt rasch zurьckzog. »Sie legen dem nicht viel Bedeutung bei«, sagte der Advokat, als K. schwieg, »desto besser. Sonst hдtte ich mich vielleicht bei Ihnen entschuldigen mьssen. Es ist eine Sonderbarkeit Lenis, die ich ihr ьbrigens lдngst verziehen habe und von der ich auch nicht reden wьrde, wenn Sie nicht eben jetzt die Tьr abgesperrt hдtten. Diese Sonderbarkeit, Ihnen allerdings mьЯte ich sie wohl am wenigsten erklдren, aber Sie sehen mich so bestьrzt an und deshalb tue ich es, diese Sonderbarkeit besteht darin, daЯ Leni die meisten Angeklagten schцn findet. Sie hдngt sich an alle, liebt alle, scheint allerdings auch von allen geliebt zu werden; um mich zu unterhalten, erzдhlt sie mir dann, wenn ich es erlaube, manchmal davon. Ich bin ьber das Ganze nicht so erstaunt, wie Sie es zu sein scheinen. Wenn man den richtigen Blick dafьr hat, findet man die Angeklagten wirklich oft schцn. Das allerdings ist eine merkwьrdige, gewissermaЯen naturwissenschaftliche Erscheinung. Es tritt natьrlich als Folge der Anklage nicht etwa eine deutliche, genau zu bestimmende Verдnderung des Aussehens ein. Es ist doch nicht wie bei anderen Gerichtssachen, die meisten bleiben in ihrer gewцhnlichen Lebensweise und werden, wenn sie einen guten Advokaten haben, der fьr sie sorgt, durch den ProzeЯ nicht behindert. Trotzdem sind diejenigen, welche darin Erfahrung haben, imstande, aus der grцЯten Menge die Angeklagten, Mann fьr Mann, zu erkennen. Woran? werden Sie fragen. Meine Antwort wird Sie nicht befriedigen. Die Angeklagten sind eben die Schцnsten. Es kann nicht die Schuld sein, die sie schцn macht, denn – so muЯ wenigstens ich als Advokat sprechen – es sind doch nicht alle schuldig, es kann auch nicht die richtige Strafe sein, die sie jetzt schon schцn macht, denn es werden doch nicht alle bestraft, es kann also nur an dem gegen sie erhobenen Verfahren liegen, das ihnen irgendwie anhaftet. Allerdings gibt es unter den Schцnen auch besonders schцne. Schцn sind aber alle, selbst Block, dieser elende Wurm.«
K. war, als der Advokat geendet hatte, vollstдndig gefaЯt, er hatte sogar zu den letzten Worten auffallend genickt und sich so selbst die Bestдtigung seiner alten Ansicht gegeben, nach welcher der Advokat ihn immer und so auch diesmal durch allgemeine Mitteilungen, die nicht zur Sache gehцrten, zu zerstreuen und von der Hauptfrage, was er an tatsдchlicher Arbeit fьr K.s Sache getan hatte, abzulenken suchte. Der Advokat merkte wohl, daЯ ihm K. diesmal mehr Widerstand leistete als sonst, denn er verstummte jetzt, um K. die Mцglichkeit zu geben, selbst zu sprechen, und fragte dann, da K. stumm blieb: »Sind Sie heute mit einer bestimmten Absicht zu mir gekommen?« »Ja«, sagte K. und blendete mit der Hand ein wenig die Kerze ab, um den Advokaten besser zu sehen, »ich wollte Ihnen sagen, daЯ ich Ihnen mit dem heutigen Tage meine Vertretung entziehe.« »Verstehe ich Sie recht?« fragte der Advokat, erhob sich halb im Bett und stьtzte sich mit einer Hand auf die Kissen. »Ich nehme es an«, sagte K., der straff aufgerichtet, wie auf der Lauer, dasaЯ. »Nun, wir kцnnen ja auch diesen Plan besprechen«, sagte der Advokat nach einem Weilchen. »Es ist kein Plan mehr«, sagte K. »Mag sein«, sagte der Advokat, »wir wollen aber trotzdem nichts ьbereilen.« Er gebrauchte das Wort »wir«, als habe er nicht die Absicht, K. freizulassen, und als wolle er, wenn er schon nicht sein Vertreter sein dьrfte, wenigstens sein Berater bleiben. »Es ist nicht ьbereilt«, sagte K., stand langsam auf und trat hinter seinen Sessel, »es ist gut ьberlegt und vielleicht sogar zu lange. Der EntschluЯ ist endgьltig.« »Dann erlauben Sie mir nur noch einige Worte«, sagte der Advokat, hob das Federbett weg und setzte sich auf den Bettrand. Seine nackten, weiЯhaarigen Beine zitterten vor Kдlte. Er bat K., ihm vom Kanapee eine Decke zu reichen. K. holte die Decke und sagte: »Sie setzten sich ganz unnцtig einer Verkьhlung aus.« »Der AnlaЯ ist wichtig genug«, sagte der Advokat, wдhrend er mit dem Federbett den Oberkцrper umhьllte und dann die Beine in die Decke einwickelte. »Ihr Onkel ist mein Freund, und auch Sie sind mir im Laufe der Zeit lieb geworden. Ich gestehe das offen ein. Ich brauche mich dessen nicht zu schдmen.« Diese rьhrseligen Reden des alten Mannes waren K. sehr unwillkommen, denn sie zwangen ihn zu einer ausfьhrlicheren Erklдrung, die er gern vermieden hдtte, und sie beirrten ihn auЯerdem, wie er sich offen eingestand, wenn sie allerdings auch seinen EntschluЯ niemals rьckgдngig machen konnten. »Ich danke Ihnen fьr Ihre freundliche Gesinnung«, sagte er, »ich erkenne auch an, daЯ Sie sich meiner Sache so sehr angenommen haben, wie es Ihnen mцglich ist und wie es Ihnen fьr mich vorteilhaft scheint. Ich jedoch habe in der letzten Zeit die Ьberzeugung gewonnen, daЯ das nicht genьgend ist. Ich werde natьrlich niemals versuchen, Sie, einen soviel дlteren und erfahreneren Mann, von meiner Ansicht ьberzeugen zu wollen;
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