https://wodolei.ru/catalog/shtorky/steklyannye/ 
А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

« »Ich erklдrte Ihnen doch, Frдulein«, sagte K. und ging auch zu den Photographien, »daЯ nicht ich es war, der sich an Ihren Photographien vergangen hat; aber da Sie mir nicht glauben, so muЯ ich also eingestehen, daЯ die Untersuchungskommission drei Bankbeamte mitgebracht hat, von denen der eine, den ich bei nдchster Gelegenheit aus der Bank hinausbefцrdern werde, die Photographien wahrscheinlich in die Hand genommen hat. Ja, es war eine Untersuchungskommission hier«, fьgte K. hinzu, da ihn das Frдulein mit einem fragenden Blick ansah. »Ihretwegen?« fragte das Frдulein. »Ja«, antwortete K. »Nein!« rief das Frдulein und lachte. »Doch«, sagte K., »glauben Sie denn, daЯ ich schuldlos bin?« »Nun, schuldlos ...« sagte das Frдulein, »ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, es muЯ doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind – ich schlieЯe wenigstens aus Ihrer Ruhe, daЯ Sie nicht aus dem Gefдngnis entlaufen sind – so kцnnen Sie doch kein solches Verbrechen begangen haben.« »Ja«, sagte K., »aber die Untersuchungskommission kann doch eingesehen haben, daЯ ich unschuldig bin oder doch nicht so schuldig, wie angenommen wurde.« »GewiЯ, das kann sein«, sagte Frдulein Bьrstner sehr aufmerksam. »Sehen Sie«, sagte K., »Sie haben nicht viel Erfahrung in Gerichtssachen.« »Nein, das habe ich nicht«, sagte Frдulein Bьrstner, »und habe es auch schon oft bedauert, denn ich mцchte alles wissen, und gerade Gerichtssachen interessieren mich ungemein. Das Gericht hat eine eigentьmliche Anziehungskraft, nicht? Aber ich werde in dieser Richtung meine Kenntnisse sicher vervollstдndigen, denn ich trete nдchsten Monat als Kanzleikraft in ein Advokatenbьro ein.« »Das ist sehr gut«, sagte K., »Sie werden mir dann in meinem ProzeЯ ein wenig helfen kцnnen.« »Das kцnnte sein«, sagte Frдulein Bьrstner, »warum denn nicht? Ich verwende gern meine Kenntnisse.« »Ich meine es auch im Ernst«, sagte K., »oder zumindest in dem halben Ernst, in dem Sie es meinen. Um einen Advokaten heranzuziehen, dazu ist die Sache doch zu kleinlich, aber einen Ratgeber kцnnte ich gut brauchen.« »Ja, aber wenn ich Ratgeber sein soll, mьЯte ich wissen, worum es sich handelt«, sagte Frдulein Bьrstner. »Das ist eben der Haken«, sagte K., »das weiЯ ich selbst nicht.« »Dann haben Sie sich also einen SpaЯ aus mir gemacht«, sagte Frдulein Bьrstner ьbermдЯig enttдuscht, »es war hцchst unnцtig, sich diese spдte Nachtzeit dazu auszusuchen.« Und sie ging von den Photographien weg, wo sie so lange vereinigt gestanden hatten. »Aber nein, Frдulein«, sagte K., »ich mache keinen SpaЯ. DaЯ Sie mir nicht glauben wollen! Was ich weiЯ, habe ich Ihnen schon gesagt. Sogar mehr als ich weiЯ, denn es war gar keine Untersuchungskommission, ich nenne es so, weil ich keinen andern Namen dafьr weiЯ. Es wurde gar nichts untersucht, ich wurde nur verhaftet, aber von einer Kommission.« Frдulein Bьrstner saЯ auf der Ottomane und lachte wieder. »Wie war es denn?« fragte sie. »Schrecklich«, sagte K., aber er dachte jetzt gar nicht daran, sondern war ganz vom Anblick des Frдulein Bьrstner ergriffen, die das Gesicht auf eine Hand stьtzte – der Ellbogen ruhte auf dem Kissen der Ottomane – wдhrend die andere Hand langsam die Hьfte strich. »Das ist zu allgemein«, sagte Frдulein Bьrstner. »Was ist zu allgemein?« fragte K. Dann erinnerte er sich und fragte: »Soll ich Ihnen zeigen, wie es gewesen ist?« Er wollte Bewegung machen und doch nicht weggehen. »Ich bin schon mьde«, sagte Frдulein Bьrstner. »Sie kamen so spдt«, sagte K. »Nun endet es damit, daЯ ich Vorwьrfe bekomme, es ist auch berechtigt, denn ich hдtte Sie nicht mehr hereinlassen sollen. Notwendig war es ja auch nicht, wie es sich gezeigt hat.« »Es war notwendig, das werden Sie erst jetzt sehn«, sagte K. »Darf ich das Nachttischchen von Ihrem Bett herrьcken?« »Was fдllt Ihnen ein?« sagte Frдulein Bьrstner, »das dьrfen Sie natьrlich nicht!« »Dann kann ich es Ihnen nicht zeigen«, sagte K. aufgeregt, als fьge man ihm dadurch einen unermeЯlichen Schaden zu. »Ja, wenn Sie es zur Darstellung brauchen, dann rьcken Sie das Tischchen nur ruhig fort«, sagte Frдulein Bьrstner und fьgte nach einem Weilchen mit schwдcherer Stimme hinzu: »Ich bin so mьde, daЯ ich mehr erlaube, als gut ist.« K. stellte das Tischchen in die Mitte des Zimmers und setzte sich dahinter. »Sie mьssen sich die Verteilung der Personen richtig vorstellen, es ist sehr interessant. Ich bin der Aufseher, dort auf dem Koffer sitzen zwei Wдchter, bei den Photographien stehen drei junge Leute. An der Fensterklinke hдngt, was ich nur nebenbei erwдhne, eine weiЯe Bluse. Und jetzt fдngt es an. Ja, ich vergesse mich. Die wichtigste Person, also ich, stehe hier vor dem Tischchen. Der Aufseher sitzt дuЯerst bequem, die Beine ьbereinandergelegt, den Arm hier ьber die Lehne hinunterhдngend, ein Lьmmel sondergleichen. Und jetzt fдngt es also wirklich an. Der Aufseher ruft, als ob er mich wecken mьЯte, er schreit geradezu, ich muЯ leider, wenn ich es Ihnen begreiflich machen will, auch schreien, es ist ьbrigens nur mein Name, den er so schreit.« Frдulein Bьrstner, die lachend zuhцrte, legte den Zeigefinger an den Mund, um K. am Schreien zu hindern, aber es war zu spдt. K. war zu sehr in der Rolle, er rief langsam: »Josef K.!«, ьbrigens nicht so laut, wie er gedroht hatte, aber doch so, daЯ sich der Ruf, nachdem er plцtzlich ausgestoЯen war, erst allmдhlich im Zimmer zu verbreiten schien.
Da klopfte es an die Tьr des Nebenzimmers einigemal, stark, kurz und regelmдЯig. Frдulein Bьrstner erbleichte und legte die Hand aufs Herz. K. erschrak deshalb besonders stark, weil er noch ein Weilchen ganz unfдhig gewesen war, an etwas anderes zu denken als an die Vorfдlle des Morgens und an das Mдdchen, dem er sie vorfьhrte. Kaum hatte er sich gefaЯt, sprang er zu Frдulein Bьrstner und nahm ihre Hand. »Fьrchten Sie nichts«, flьsterte er, »ich werde alles in Ordnung bringen. Wer kann es aber sein? Hier nebenan ist doch nur das Wohnzimmer, in dem niemand schlдft. Doch«, flьsterte Frдulein Bьrstner an K.s Ohr, »seit gestern schlдft hier ein Neffe von Frau Grubach, ein Hauptmann. Es ist gerade kein anderes Zimmer frei. Auch ich habe es vergessen. DaЯ Sie so schreien muЯten! Ich bin unglьcklich darьber.« »Dafьr ist gar kein Grund«, sagte K. und kьЯte, als sie jetzt auf das Kissen zurьcksank, ihre Stirn. »Weg, weg«, sagte sie und richtete sich eilig wieder auf, »gehen Sie doch, gehen Sie doch, was wollen Sie, er horcht doch an der Tьr, er hцrt doch alles. Wie Sie mich quдlen! Ich gehe nicht frьher«, sagte K., »als Sie ein wenig beruhigt sind. Kommen Sie in die andere Ecke des Zimmers, dort kann er uns nicht hцren.« Sie lieЯ sich dorthin fьhren. »Sie ьberlegen nicht«, sagte er, »daЯ es sich zwar um eine Unannehmlichkeit fьr Sie handelt, aber durchaus nicht um eine Gefahr. Sie wissen, wie mich Frau Grubach, die in dieser Sache doch entscheidet, besonders da der Hauptmann ihr Neffe ist, geradezu verehrt und alles, was ich sage, unbedingt glaubt. Sie ist auch im ьbrigen von mir abhдngig, denn sie hat eine grцЯere Summe von mir geliehen. Jeden Ihrer Vorschlдge ьber eine Erklдrung fьr unser Beisammen nehme ich an, wenn es nur ein wenig zweckentsprechend ist, und verbьrge mich, Frau Grubach dazu zu bringen, die Erklдrung nicht nur vor der Цffentlichkeit, sondern wirklich und aufrichtig zu glauben. Mich mьssen Sie dabei in keiner Weise schonen. Wollen Sie verbreitet haben, daЯ ich Sie ьberfallen habe, so wird Frau Grubach in diesem Sinne unterrichtet werden und wird es glauben, ohne das Vertrauen zu mir zu verlieren, so sehr hдngt sie an mir.« Frдulein Bьrstner sah, still und ein wenig zusammengesunken, vor sich auf den Boden. »Warum sollte Frau Grubach nicht glauben, daЯ ich Sie ьberfallen habe?« fьgte K. hinzu. Vor sich sah er ihr Haar, geteiltes, niedrig gebauschtes, fest zusammengehaltenes, rцtliches Haar. Er glaubte, sie werde ihm den Blick zuwenden, aber sie sagte in unverдnderter Haltung: »Verzeihen Sie, ich bin durch das plцtzliche Klopfen so erschreckt worden, nicht so sehr durch die Folgen, die die Anwesenheit des Hauptmannes haben kцnnte. Es war so still nach Ihrem Schrei, und da klopfte es, deshalb bin ich so erschrocken, ich saЯ auch in der Nдhe der Tьr, es klopfte fast neben mir. Fьr Ihre Vorschlдge danke ich, aber ich nehme sie nicht an. Ich kann fьr alles, was in meinem Zimmer geschieht, die Verantwortung tragen, und zwar gegenьber jedem. Ich wundere mich, daЯ Sie nicht merken, was fьr eine Beleidigung fьr mich in Ihren Vorschlдgen liegt, neben den guten Absichten natьrlich, die ich gewiЯ anerkenne. Aber nun gehen Sie, lassen Sie mich allein, ich habe es jetzt noch nцtiger als frьher. Aus den wenigen Minuten, um die Sie gebeten haben, ist nun eine halbe Stunde und mehr geworden.« K. faЯte sie bei der Hand und dann beim Handgelenk: »Sie sind mir aber nicht bцse?« sagte er. Sie streifte seine Hand ab und antwortete: »Nein, nein, ich bin niemals und niemandem bцse.« Er faЯte wieder nach ihrem Handgelenk, sie duldete es jetzt und fьhrte ihn so zur Tьr. Er war fest entschlossen, wegzugehen. Aber vor der Tьr, als hдtte er nicht erwartet, hier eine Tьr zu finden, stockte er, diesen Augenblick benьtzte Frдulein Bьrstner, sich loszumachen, die Tьr zu цffnen, ins Vorzimmer zu schlьpfen und von dort aus K. leise zu sagen: »Nun kommen Sie doch, bitte. Sehen Sie« – sie zeigte auf die Tьr des Hauptmanns, unter der ein Lichtschein hervorkam – »er hat angezьndet und unterhдlt sich ьber uns.« »Ich komme schon«, sagte K., lief vor, faЯte sie, kьЯte sie auf den Mund und dann ьber das ganze Gesicht, wie ein durstiges Tier mit der Zunge ьber das endlich gefundene Quellwasser hinjagt. SchlieЯlich kьЯte er sie auf den Hals, wo die Gurgel ist, und dort lieЯ er die Lippen lange liegen. Ein Gerдusch aus dem Zimmer des Hauptmanns lieЯ ihn aufschauen. »Jetzt werde ich gehen«, sagte er, er wollte Frдulein Bьrstner beim Taufnamen nennen, wuЯte ihn aber nicht. Sie nickte mьde, ьberlieЯ ihm, schon halb abgewendet, die Hand zum Kьssen, als wisse sie nichts davon, und ging gebьckt in ihr Zimmer. Kurz darauf lag K. in seinem Bett. Er schlief sehr bald ein, vor dem Einschlafen dachte er noch ein Weilchen ьber sein Verhalten nach, er war damit zufrieden, wunderte sich aber, daЯ er nicht noch zufriedener war; wegen des Hauptmanns machte er sich fьr Frдulein Bьrstner ernstliche Sorgen.

Zweites Kapitel Erste Untersuchung

K. war telephonisch verstдndigt worden, daЯ am nдchsten Sonntag eine kleine Untersuchung in seiner Angelegenheit stattfinden wьrde. Man machte ihn darauf aufmerksam, daЯ diese Untersuchungen regelmдЯig, wenn auch vielleicht nicht jede Woche, so doch hдufiger einander folgen wьrden. Es liege einerseits im allgemeinen Interesse, den ProzeЯ rasch zu Ende zu fьhren, anderseits aber mьЯten die Untersuchungen in jeder Hinsicht grьndlich sein und dьrften doch wegen der damit verbundenen Anstrengung niemals allzulange dauern. Deshalb habe man den Ausweg dieser rasch aufeinanderfolgenden, aber kurzen Untersuchungen gewдhlt. Die Bestimmung des Sonntags als Untersuchungstag habe man deshalb vorgenommen, um K. in seiner beruflichen Arbeit nicht zu stцren. Man setze voraus, daЯ er damit einverstanden sei, sollte er einen anderen Termin wьnschen, so wьrde man ihm, so gut es ginge, entgegenkommen. Die Untersuchungen wдren beispielsweise auch in der Nacht mцglich, aber da sei wohl K. nicht frisch genug. Jedenfalls werde man es, solange K. nichts einwende, beim Sonntag belassen. Es sei selbstverstдndlich, daЯ er bestimmt erscheinen mьsse, darauf mьsse man ihn wohl nicht erst aufmerksam machen. Es wurde ihm die Nummer des Hauses genannt, in dem er sich einfinden solle, es war ein Haus in einer entlegenen VorstadtstraЯe, in der K. noch niemals gewesen war.
K. hдngte, als er diese Meldung erhalten hatte, ohne zu antworten, den Hцrer an; er war gleich entschlossen, Sonntag hinzugehen, es war gewiЯ notwendig, der ProzeЯ kam in Gang und er muЯte sich dem entgegenstellen, diese erste Untersuchung sollte auch die letzte sein. Er stand noch nachdenklich beim Apparat, da hцrte er hinter sich die Stimme des Direktor-Stellvertreters, der telephonieren wollte, dem aber K. den Weg verstellte. »Schlechte Nachrichten?« fragte der Direktor-Stellvertreter leichthin, nicht um etwas zu erfahren, sondern um K. vom Apparat wegzubringen. »Nein, nein«, sagte K., trat beiseite, ging aber nicht weg. Der Direktor-Stellvertreter nahm den Hцrer und sagte, wдhrend er auf die telephonische Verbindung wartete, ьber das Hцrrohr hinweg: »Eine Frage, Herr K.: Mцchten Sie mir Sonntag frьh das Vergnьgen machen, eine Partie auf meinem Segelboot mitzumachen? Es wird eine grцЯere Gesellschaft sein, gewiЯ auch Ihre Bekannten darunter. Unter anderem Staatsanwalt Hasterer. Wollen Sie kommen? Kommen Sie doch!« K. versuchte, darauf achtzugeben, was der Direktor-Stellvertreter sagte. Es war nicht unwichtig fьr ihn, denn diese Einladung des Direktor-Stellvertreters, mit dem er sich niemals sehr gut vertragen hatte, bedeutete einen Versцhnungsversuch von dessen Seite und zeigte, wie wichtig K. in der Bank geworden war und wie wertvoll seine Freundschaft oder wenigstens seine Unparteilichkeit dem zweithцchsten Beamten der Bank erschien. Diese Einladung war eine Demьtigung des Direktor-Stellvertreters, mochte sie auch nur in Erwartung der telephonischen Verbindung ьber das Hцrrohr hinweg gesagt sein. Aber K. muЯte eine zweite Demьtigung folgen lassen, er sagte: »Vielen Dank! Aber ich habe leider Sonntag keine Zeit, ich habe schon eine Verpflichtung.« »Schade«, sagte der Direktor-Stellvertreter und wandte sich dem telephonischen Gesprдch zu, das gerade hergestellt worden war. Es war kein kurzes Gesprдch, aber K. blieb in seiner Zerstreutheit die ganze Zeit ьber neben dem Apparat stehen. Erst als der Direktor-Stellvertreter ablдutete, erschrak er und sagte, um sein unnьtzes Dasein nur ein wenig zu entschuldigen: »Ich bin jetzt antelephoniert worden, ich mцchte irgendwo hinkommen, aber man hat vergessen, mir zu sagen, zu welcher Stunde.« »Fragen Sie doch noch einmal nach«, sagte der Direktor-Stellvertreter. »Es ist nicht so wichtig«, sagte K., obwohl dadurch seine frьhere, schon an sich mangelhafte Entschuldigung noch weiter verfiel. Der Direktor-Stellvertreter sprach noch im Weggehen ьber andere Dinge. K. zwang sich auch zu antworten, dachte aber hauptsдchlich daran, daЯ es am besten sein werde, Sonntag um neun Uhr vormittags hinzukommen, da zu dieser Stunde an Werktagen alle Gerichte zu arbeiten anfangen.
Sonntag war trьbes Wetter. K. war sehr ermьdet, da er wegen einer Stammtischfeierlichkeit bis spдt in die Nacht im Gasthaus geblieben war, er hдtte fast verschlafen. Eilig, ohne Zeit zu haben, zu ьberlegen und die verschiedenen Plдne, die er wдhrend der Woche ausgedacht hatte, zusammenzustellen, kleidete er sich an und lief, ohne zu frьhstьcken, in die ihm bezeichnete Vorstadt. Eigentьmlicherweise traf er, obwohl er wenig Zeit hatte, umherzublicken, die drei an seiner Angelegenheit beteiligten Beamten, Rabensteiner, Kullich und Kaminer. Die ersten zwei fuhren in einer Elektrischen quer ьber K.s Weg, Kaminer aber saЯ auf der Terrasse eines Kaffeehauses und beugte sich gerade, als K. vorьberkam, neugierig ьber die Brьstung. Alle sahen ihm wohl nach und wunderten sich, wie ihr Vorgesetzter lief; es war irgendein Trotz, der K. davon abgehalten hatte, zu fahren, er hatte Abscheu vor jeder, selbst der geringsten fremden Hilfe in dieser seiner Sache, auch wollte er niemanden in Anspruch nehmen und dadurch selbst nur im allerentferntesten einweihen; schlieЯlich hatte er aber auch nicht die geringste Lust, sich durch allzu groЯe Pьnktlichkeit vor der Untersuchungskommission zu erniedrigen. Allerdings lief er jetzt, um nur mцglichst um neun Uhr einzutreffen, obwohl er nicht einmal fьr eine bestimmte Stunde bestellt war.
Er hatte gedacht, das Haus schon von der Ferne an irgendeinem Zeichen, das er sich selbst nicht genau vorgestellt hatte, oder an einer besonderen Bewegung vor dem Eingang schon von weitem zu erkennen. Aber die JuliusstraЯe, in der es sein sollte und an deren Beginn K. einen Augenblick lang stehenblieb, enthielt auf beiden Seiten fast ganz einfцrmige Hдuser, hohe, graue, von armen Leuten bewohnte Miethдuser. Jetzt, am Sonntagmorgen, waren die meisten Fenster besetzt, Mдnner in Hemdдrmeln lehnten dort und rauchten oder hielten kleine Kinder vorsichtig und zдrtlich an den Fensterrand. Andere Fenster waren hoch mit Bettzeug angefьllt, ьber dem flьchtig der zerraufte Kopf einer Frau erschien. Man rief einander ьber die Gasse zu, ein solcher Zuruf bewirkte gerade ьber K. ein groЯes Gelдchter. RegelmдЯig verteilt befanden sich in der langen StraЯe kleine, unter dem StraЯenniveau liegende, durch ein paar Treppen erreichbare Lдden mit verschiedenen Lebensmitteln. Dort gingen Frauen aus und ein oder standen auf den Stufen und plauderten. Ein Obsthдndler, der seine Waren zu den Fenstern hinauf empfahl, hдtte, ebenso unaufmerksam wie K., mit seinem Karren diesen fast niedergeworfen. Eben begann ein in besseren Stadtvierteln ausgedientes Grammophon mцrderisch zu spielen.
K. ging tiefer in die Gasse hinein, langsam, als hдtte er nun schon Zeit oder als sдhe ihn der Untersuchungsrichter aus irgendeinem Fenster und wisse also, daЯ sich K. eingefunden habe. Es war kurz nach neun. Das Haus lag ziemlich weit, es war fast ungewцhnlich ausgedehnt, besonders die Toreinfahrt war hoch und weit. Sie war offenbar fьr Lastfuhren bestimmt, die zu den verschiedenen Warenmagazinen gehцrten, die jetzt versperrt den groЯen Hof umgaben und Aufschriften von Firmen trugen, von denen K. einige aus dem Bankgeschдft kannte. Gegen seine sonstige Gewohnheit sich mit allen diesen ДuЯerlichkeiten genauer befassend, blieb er auch ein wenig am Eingang des Hofes stehen. In seiner Nдhe auf einer Kiste saЯ ein bloЯfьЯiger Mann und las eine Zeitung. Auf einem Handkarren schaukelten zwei Jungen. Vor einer Pumpe stand ein schwaches, junges Mдdchen in einer Nachtjoppe und blickte, wдhrend das Wasser in ihre Kanne strцmte, auf K. hin. In einer Ecke des Hofes wurde zwischen zwei Fenstern ein Strick gespannt, auf dem die zum Trocknen bestimmte Wдsche schon hing. Ein Mann stand unten und leitete die Arbeit durch ein paar Zurufe.
K. wandte sich der Treppe zu, um zum Untersuchungszimmer zu kommen, stand dann aber wieder still, denn auЯer dieser Treppe sah er im Hof noch drei verschiedene Treppenaufgдnge und ьberdies schien ein kleiner Durchgang am Ende des Hofes noch in einen zweiten Hof zu fьhren. Er дrgerte sich, daЯ man ihm die Lage des Zimmers nicht nдher bezeichnet hatte, es war doch eine sonderbare Nachlдssigkeit oder Gleichgьltigkeit, mit der man ihn behandelte, er beabsichtigte, das sehr laut und deutlich festzustellen. SchlieЯlich stieg er doch die Treppe hinauf und spielte in Gedanken mit einer Erinnerung an den Ausspruch des Wдchters Willem, daЯ das Gericht von der Schuld angezogen werde, woraus eigentlich folgte, daЯ das Untersuchungszimmer an der Treppe liegen muЯte, die K. zufдllig wдhlte.
Er stцrte im Hinaufgehen viele Kinder, die auf der Treppe spielten und ihn, wenn er durch ihre Reihe schritt, bцse ansahen. »Wenn ich nдchstens wieder hergehen sollte«, sagte er sich, »muЯ ich entweder Zuckerwerk mitnehmen, um sie zu gewinnen, oder den Stock, um sie zu prьgeln.« Knapp vor dem ersten Stockwerk muЯte er sogar ein Weilchen warten, bis eine Spielkugel ihren Weg vollendet hatte, zwei kleine Jungen mit den verzwickten Gesichtern erwachsener Strolche hielten ihn indessen an den Beinkleidern; hдtte er sie abschьtteln wollen, hдtte er ihnen wehtun mьssen, und er fьrchtete ihr Geschrei.
Im ersten Stockwerk begann die eigentliche Suche. Da er doch nicht nach der Untersuchungskommission fragen konnte, erfand er einen Tischler Lanz – der Name fiel ihm ein, weil der Hauptmann, der Neffe der Frau Grubach, so hieЯ – und wollte nun in allen Wohnungen nachfragen, ob hier ein Tischler Lanz wohne, um so die Mцglichkeit zu bekommen, in die Zimmer hineinzusehen. Es zeigte sich aber, daЯ das meistens ohne weiteres mцglich war, denn fast alle Tьren standen offen und die Kinder liefen ein und aus. Es waren in der Regel kleine, einfenstrige Zimmer, in denen auch gekocht wurde. Manche Frauen hielten Sдuglinge im Arm und arbeiteten mit der freien Hand auf dem Herd. Halbwьchsige, scheinbar nur mit Schьrzen bekleidete Mдdchen liefen am fleiЯigsten hin und her. In allen Zimmern standen die Betten noch in Benьtzung, es lagen dort Kranke oder noch Schlafende oder Leute, die sich dort in Kleidern streckten. An den Wohnungen, deren Tьren geschlossen waren, klopfte K. an und fragte, ob hier ein Tischler Lanz wohne. Meistens цffnete eine Frau, hцrte die Frage an und wandte sich ins Zimmer zu jemandem, der sich aus dem Bett erhob. »Der Herr fragt, ob ein Tischler Lanz hier wohnt.« »Tischler Lanz?« fragte der aus dem Bett. »Ja«, sagte K., obwohl sich hier die Untersuchungskommission zweifellos nicht befand und daher seine Aufgabe beendet war. Viele glaubten, es liege K. sehr viel daran, den Tischler Lanz zu finden, dachten lange nach, nannten seine Tischler, der aber nicht Lanz hieЯ, oder einen Namen, der mit Lanz eine ganz entfernte Дhnlichkeit hatte, oder sie fragten bei Nachbarn oder begleiteten K. zu einer weit entfernten Tьr, wo ihrer Meinung nach ein derartiger Mann mцglicherweise in Aftermiete wohne oder wo jemand sei, der bessere Auskunft als sie selbst geben kцnne. SchlieЯlich muЯte K. kaum mehr selbst fragen, sondern wurde auf diese Weise durch die Stockwerke gezogen. Er bedauerte seinen Plan, der ihm zuerst so praktisch erschienen war. Vor dem fьnften Stockwerk entschloЯ er sich, die Suche aufzugeben, verabschiedete sich von einem freundlichen, jungen Arbeiter, der ihn weiter hinauffьhren wollte, und ging hinunter. Dann aber дrgerte ihn wieder das Nutzlose dieser ganzen Unternehmung, er ging nochmals zurьck und klopfte an die erste Tьr des fьnften Stockwerkes. Das erste, was er in dem kleinen Zimmer sah, war eine groЯe Wanduhr, die schon zehn Uhr zeigte. »Wohnt ein Tischler Lanz hier?« fragte er. »Bitte«, sagte eine junge Frau mit schwarzen, leuchtenden Augen, die gerade in einem Kьbel Kinderwдsche wusch, und zeigte mit der nassen Hand auf die offene Tьr des Nebenzimmers.
K. glaubte in eine Versammlung einzutreten. Ein Gedrдnge der verschiedensten Leute – niemand kьmmerte sich um den Eintretenden – fьllte ein mittelgroЯes, zweifenstriges Zimmer, das knapp an der Decke von einer Galerie umgeben war, die gleichfalls vollstдndig besetzt war und wo die Leute nur gebьckt stehen konnten und mit Kopf und Rьcken an die Decke stieЯen. K., dem die Luft zu dumpf war, trat wieder hinaus und sagte zu der jungen Frau, die ihn wahrscheinlich falsch verstanden hatte: »Ich habe nach einem Tischler, einem gewissen Lanz, gefragt?« »Ja«, sagte die Frau, »gehen Sie, bitte, hinein.« K. hдtte ihr vielleicht nicht gefolgt, wenn die Frau nicht auf ihn zugegangen wдre, die Tьrklinke ergriffen und gesagt hдtte: »Nach Ihnen muЯ ich schlieЯen, es darf niemand mehr hinein.« »Sehr vernьnftig«, sagte K., »es ist aber jetzt schon zu voll.« Dann ging er aber doch wieder hinein.
Zwischen zwei Mдnnern hindurch, die sich unmittelbar bei der Tьr unterhielten – der eine machte mit beiden, weit vorgestreckten Hдnden die Bewegung des Geldaufzдhlens, der andere sah ihm scharf in die Augen –, faЯte eine Hand nach K. Es war ein kleiner, rotbдckiger Junge. »Kommen Sie, kommen Sie«, sagte er. K. lieЯ sich von ihm fьhren, es zeigte sich, daЯ in dem durcheinanderwimmelnden Gedrдnge doch ein schmaler Weg frei war, der mцglicherweise zwei Parteien schied; dafьr sprach auch, daЯ K. in den ersten Reihen rechts und links kaum ein ihm zugewendetes Gesicht sah, sondern nur die Rьcken von Leuten, welche ihre Reden und Bewegungen nur an Leute ihrer Partei richteten. Die meisten waren schwarz angezogen, in alten, lang und lose hinunterhдngenden Feiertagsrцcken. Nur diese Kleidung beirrte K., sonst hдtte er das Ganze fьr eine politische Bezirksversammlung angesehen.
Am anderen Ende des Saales, zu dem K. gefьhrt wurde, stand auf einem sehr niedrigen, gleichfalls ьberfьllten Podium ein kleiner Tisch, der Quere nach aufgestellt, und hinter ihm, nahe am Rand des Podiums, saЯ ein kleiner, dicker, schnaufender Mann, der sich gerade mit einem hinter ihm Stehenden – dieser hatte den Ellbogen auf die Sessellehne gestьtzt und die Beine gekreuzt – unter groЯem Gelдchter unterhielt.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19


А-П

П-Я